
Indigenialität heute: Weiterbildung
Wildnispädagogik im Alltag
Viele Menschen haben die enorme Kraft kennengelernt, die Wildnispädagogik in Seminaren entfaltet. Während wir unter Gleichgesinnten an einer Feuerstelle sitzen, fühlen wir uns lebendig, verbunden, friedlich und kreativ. Sobald wir jedoch in unseren Alltag zurückkehren, beschleicht uns nicht selten der Eindruck, in zwei getrennten Welten zu leben. Es erweist sich als Herausforderung, die Kraft der wildnispädagogischen Kernelemente in die gegenwärtige, anderen Regeln folgende Lebenswelt zu übertragen. Genau dieser Transfer steht im Mittelpunkt unseres neuartigen Jahreskurses.
Indem wir uns der heutigen Welt als Wildnispädagogen zuwenden, gehen wir über das Persönliche hinaus. Wir begegnen dem unruhigen Zeitgeschehen, das von ökologischen und sozialen Krisen bestimmt wird, mit einer lebensförderlichen Praxis. Wenn wir die Wildnispädagogik in unseren Alltag holen, erfahren wir nicht nur persönliche Lebensfreude, Resilienz und Orientierung. Im Gewand des Coyoten werden wir auch zu inspirierenden Vorbildern für andere. Während wir die wildnispädagogischen Kernelemente in unserer Lebenswelt erproben und mit unseren Mitmenschen für die heutigen Bedürfnisse weiterentwickeln, werden wir zu Wegbereitern für eine zukünftige, lebensdienliche Erdkultur.
Dabei greifen wir den Erfahrungsvorsprung indigener Völker auf, die über lange Zeiträume in Frieden mit der Erde und untereinander gelebt haben. Wie ist diesen Völkern solch ein Kunststück gelungen? Ihr Rezept bestand und besteht in einer friedensstiftenden Kultur. Ein Bündel von kulturellen Werkzeugen sorgt dafür, dass die vier grundlegenden Beziehungen der Menschen gepflegt werden. Dazu gehören unsere Verbindung zur Natur, zur Gemeinschaft, zu uns selbst und zur Geistwelt. Diesen vier grundlegenden Beziehungen lassen sich acht kulturelle Kernelemente zuordnen, die sich über die Jahre in unserer Naturschule herauskristallisiert haben. Das folgende Achtelrad veranschaulicht also den Kern einer friedlichen, beziehungsstiftenden Erdkultur, so wie sie sich uns im Augenblick darstellt.

Ausbildungsthemen
Zunächst lernen wir jedes kulturelle Kernelement kennen, wie es von unseren Vorfahren überliefert wurde. Im nächsten Schritt integrieren wir es auf eine angepasste Weise in unser alltägliches Leben. Schließlich erforschen wir, welche zeitgemäßen Weiterentwicklungen von indigenen Kulturwerkzeugen bereits in der Öffentlichkeit vorhanden sind, an die wir anknüpfen können.
Hier sei kurz erläutert, was mit den acht indigenen Kernelementen jeweils gemeint ist. Außerdem sind Beispiele angeführt, unter welchen Namen sie heute in verwandelter Form wieder aufleben.
Beziehung zur Natur:
1. Schon immer entstand Naturfreundschaft, indem wir unser ganzes Wesen öffnen, uns mit Pflanzen, Tieren und den Elementen verbinden. Mit der Wildnispädagogik haben die Naturschulen eine dementsprechende, aktuelle Erziehungskunst entwickelt.
2. Als Gabenaustausch bezeichnen wir einen Stoffwechsel aus Geben und Nehmen, der Fruchtbarkeit durch die wechselseitige Unterstützung seiner Teilnehmer erzielt. Dies wird von der Permakultur bis hin zu Allmenden wie Wikipedia aufgegriffen, teilweise auch in der Kreislaufwirtschaft.
Beziehung zur Gemeinschaft:
3. Die solidarische Güterteilung des lebenswichtigen Bedarfs, insbesondere der Lebensmittel, bildete die ökonomische Grundlage des Gemeinwohls. Sharing-Modelle, Commons und das Bedingungslose Grundeinkommen basieren auf einem ähnlichen Prinzip.
4. Basisdemokratische Kreiskultur beruht auf den Regeln des Redekreises. Dazu gehören empathisches Zuhören, respektvolle Ehrlichkeit und angestrebte Einigkeit. Das wird mittlerweile in vielen Organisationen sowie in der gewaltfreien Kommunikation angewandt.
Beziehung zum Selbst:
5. Die Lebensaufgabe entspringt aus unserer persönlichen Begabung, deren Entfaltung nicht nur uns selbst, sondern auch dem großen Ganzen dient. Dieser Zusammenhang wird momentan als sinnstiftende Selbstverwirklichung neu erfahren.
6. Übergangsrituale helfen, dem Wandel unserer persönlichen Aufgabe und gesellschaftlichen Rolle gerecht zu werden, während wir unsere Lebensstadien durchwandern. Dabei begleiten derzeit die naturbasierte Prozess-, Visionssuche- und Ritualarbeit.
Beziehung zur Geistwelt:
7. Erdspiritualität geht aus uralten Fertigkeiten hervor, die uns mit der geistigen Wirklichkeit der Welt verweben. Den Kern dieser Praxis hat unter anderem der Core-Schamanismus von Michael Harner freigelegt. Darüber hinaus erfreuen sich Meditation und Intuition einer breiteren gesellschaftlichen Beachtung.
8. Mit Dankbarkeit verneigen wir uns vor allem, was uns nährt und was wir nicht in der Hand haben. Damit vertrauen wir uns dem Geheimnis des Lebens auf eine bejahende Weise an, was längst von spirituellen Lehrern wiederentdeckt wurde.

Methode
Wir begeben uns auf eine gemeinsame Entdeckungsreise, um eine erdverbundene Lebensweise zu erkunden und in unserem Alltag wachsen zu lassen. Was das heute auf der Grundlage von indigenen Kulturwerkzeugen bedeutet, ist weitgehend Neuland. Gerade deshalb vermag das 'Coyote Teaching', die Lernkunst der Wildnispädagogik, bei diesem Jahreskurs ihr volles Potential zu entfalten. Machen wir uns bewusst: Viel vorgefertigtes Wissen, das unsere Neugierde einschläfern könnte, ist hier schlicht nicht vorhanden. Es wird besonders darauf ankommen, unsere Kreativität zu entfachen, uns gegenseitig die zündenden Fragen zu stellen und sowohl in Übungen als auch in Alltagssituationen den Antworten zu lauschen, die in der Luft liegen. Indem wir uns darauf einlassen, entwickeln wir zusammen die Vision für eine lebenswerte Zukunft.
Struktur
Die Ausbildung umfasst fünf aufeinander aufbauende Blöcke mit insgesamt 20 Seminartagen in Präsenz, Transferübungen in den Zeiten dazwischen sowie weiterführende Videos.
Die Transferübungen zwischen den einzelnen Blöcken sind ein wichtiger Bestandteil der Weiterbildung und werden in das alltägliche Leben integriert. Um Austausch und gegenseitige Unterstützung beim laufenden Transferthema zu ermöglichen, ist in jeder Zwischenzeit ein abendliches Onlinetreffen geplant.
Mit den Videos können die einzelnen Kulturelemente noch vertieft werden. Teils handelt es sich um Vorträge des Leiters, teils um Interviews mit verschiedenen Experten. Die Videos werden nach den jeweiligen Blöcken fortlaufend zur Verfügung gestellt.

Cover Indigenialität

Andreas Weber
Als diese Weiterbildung zum ersten Mal stattfand, wurden die Ausbildungsblöcke noch in einer Mischung aus Online- und Draußenphasen am eigenen Wohnort durchgeführt. In diesem Rahmen hat der bekannte Autor Andreas Weber einen Onlinevortrag zum Thema 'Indigenialität' gehalten, der auf dem YouTube-Kanal der Naturschule Wildniswandern veröffentlicht wurde. Anschließend folgte noch ein Gespräch mit ihm:
Teilnehmerkreis
Die Weiterbildung wendet sich an Wildnispädagogen, Lehrer, Erzieher und Multiplikatoren aus sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen. Gleichzeitig sind natürlich alle Menschen eingeladen, die diesen Jahreskurs für sich selbst erleben möchten. Wildnispädgogische Vorerfahrungen sind für eine Teilnahme hilfreich, aber nicht Voraussetzung. Bei Bedarf können Vorerfahrungen auch mit Hilfe des Buches Freundschaft mit der Natur erworben werden, das weiter unten aufgelistet ist.
Ausbildungsziele
- Transfer von Wildnispädagogik in den Alltag,
um eine allverbundene Lebensweise zu entwickeln - Geschicktes Schlüpfen in das Gewand des Coyoten,
um unsere Mitmenschen freilassend zu inspirieren - Weiterentwicklung indigener Kulturwerkzeuge,
um eine neue, zukunftsfähige Erdkultur vorzubereiten
Termine 2026/2027
Die einzelnen Blöcke beginnen jeweils um 18.00 Uhr und enden um 15.00 Uhr.
Indigenialität heute |
|
Block I | 05.03. – 08.03.2026 |
Block II | 04.06. – 07.06.2026 |
Block III | 02.09. – 06.09.2026 |
Block IV | 21.01. – 24.01.2027 |
Block V | 23.04. – 25.04.2027 |


Orte
Die Blöcke I, II und V finden am Forsthaus Triesch in 'Wald-Hessen' statt. Das alte Forsthaus liegt etwa 40km südöstlich von Kassel, in schöner und abgeschiedener Lage in der Natur. Übernachten können wir dort wahlweise in kleinen Matratzenlagern, im Zelt oder im Laubhüttencamp.
Block III führt uns in eine entlegene Hügellandschaft des Bayerischen Waldes, in der sich Wiesen und Wälder abwechseln. Dort ist auch ein 24-Stunden-Solo als Übergangszeremonie vorgesehen, wofür uns ein großzügiges Privatgelände zur Verfügung steht, das einen geschützten Rahmen bietet. Im Mittelpunkt befindet sich eine Anhöhe für Zusammenkünfte.
Für Block IV treffen wir uns an einem urigen Gutshof, welcher sich ganz in der Nähe vom Forsthaus Triesch befindet. Dort kann sowohl gezeltet als auch in Mehrbettzimmern übernachtet werden.
Kosten
Kursgebühr: 1590 € (ratenweise Zahlung ist möglich)
Zzgl. 350 € für alle Übernachtungen, Kursmaterial und warme Mahlzeiten. Die übrige Verpflegung wie Frühstück und Zwischenmahlzeiten bringen die Teilnehmer nach eigenen Vorlieben selbst mit. Eine Verpflegungs- und Ausrüstungsliste wird hierbei unterstützen.
Leitung
Matthias Blaß
Eine Selbstdarstellung finden Sie hier…
Alle Ausbildungsblöcke werden zusätzlich von einer Coleiterin begleitet, so dass unser Leitungsteam aus einem Mann und einer Frau besteht.
Zertifizierung
Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten die Absolventen ein entsprechendes Zertifikat, das von der Naturschule WILDNISWANDERN ausgestellt wird.
Anmeldung
Bitte über unser Online-Anmeldeformular

Biologische Gartengemeinschaft in der Stadt
Publikationen im Hintergrund

Weber, Andreas
Indigenialität
Matthes & Seitz, Berlin 2024
Zum Buch…
Mit diesem Buch hat Andreas Weber den Begriff 'Indigenialität' in die Welt gebracht. „Wir sind alle Wilde“, sagt er und verdeutlicht, dass unsere Zivilisation nicht nur die Indigenen kolonialisiert hat, sondern auch unser eigenes Denken. Wenn wir die Welt wieder zu einem lebensspenden Ort machen wollen, sollten wir das Indigene in uns selbst entdecken. „Indigenialität heißt, sich als aktiven Teil eines sinnvollen Ganzen zu verstehen und so zu handeln, dass die eigene Lebensqualität die des Ganzen steigert“.

Blaß, Matthias
Wildnispädagogik in der Naturschule Wildniswandern
In: Tiedemann, Markus (Hrsg.): Außerschulische Lernorte, Erlebnispädagogik und philosophische Bildung
J.B. Metzler Verlag, Berlin 2021
Zum Aufsatz und Buch…
Hier legt der Ausbildungsleiter dar, dass das Wesen der Wildnispädagogik im Stiften von Beziehungen besteht. Außerdem beschreibt er, wie die Mentoren der Naturschule Wildniswandern dabei vorgehen. In dem Zusammenhang wurde das 'Rad der Beziehungen' eingeführt, welches die oben erwähnten vier grundlegenden Verbindungen des Menschen mit der Welt zeigt. Am Ende des Aufsatzes wird deutlich, wie aus der Reflexion von beziehungsstiftenden Erfahrungsräumen ein zeitgemäßes, lebensförderliches Weltbild entstehen kann.

Blaß, Matthias
Freundschaft mit der Natur
Sich verwurzeln, Kraft schöpfen und den Himmel berühren
Neue Erde Verlag, Saarbrücken 2023
Zur Buchbeschreibung…
In diesem umfassenden Werk sind die wichtigsten Themen der Wildnispädagogik gebündelt. Der Ausbildungsleiter lädt zu einer Entdeckungsreise ein, um die Natur vor der eigenen Haustür zu erkunden. Dabei unterstützen Geschichten, Wahrnehmungsübungen und praktische Fertigkeiten von Naturvölkern, die so ausgewählt sind, dass sie sich für moderne Naturlehrlinge eignen. Im abschließenden 'Ausblick' des Buches findet ein 'Zukunftsrat' mit Menschen statt, die sich ein Jahr lang intensiv mit der Natur und sich selbst verbunden haben. Dabei kristallisiert sich ein Bild heraus, wie der Weg in eine neue Erdkultur beschritten werden kann.

Blaß, Matthias
Eine neue Erdkultur
In: Spies, Laura / Lentz, Andreas (Hrsg.):
Frieden mit der Natur
Neue Erde Verlag, Saarbrücken 2024
Zum Essay und Buch…
Der Essay beschreibt das Naturverhältnis des spätmodernen Menschen in all seiner Widersprüchlichkeit. Es reicht von Entfremdung und Lebensfeindlichkeit auf der einen Seite bis hin zu Sehnsucht und wachsenden Umweltbewusstsein auf der anderen. Angesichts zahlreicher Krisen zeichnet sich in der Öffentlichkeit jedoch ein neues Erd- und Beziehungsparadigma ab, das unseren Sinn für Gemeinschaft wieder auf die natürliche Welt ausdehnt und auf die Pflege unserer Lebensbedingungen setzt. Matthias Blaß plädiert dafür, die friedensstiftenden Kompetenzen indigener Völker hier mit einzubeziehen. Er entwirft die Vision einer neuen Erdkultur, in deren Mittelpunkt das oben abgebildete 'Rad der kulturellen Kernelemente' steht. Dieser Jahreskurs ist ein erster Schritt, um die indigenen Kulturwerkzeuge für heutige Bedürfnisse und Erfordernisse weiterzuentwickeln.
Videos

Dirk Schröder / Matthias Blaß
Freundschaft mit der Natur – Buchbesprechung
Youtube-Kanal Elementar Erfahrungen, 2023
Hier sprechen die beiden Wildnisschulenleiter darüber, worin das Neuartige des Buches Freundschaft mit der Natur besteht, wie Wildnispädagogik ihre Wirksamkeit entfaltet und weshalb der Transfer in die alltägliche Lebenswelt eine zukünftige Erdkultur vorbereiten kann. Das Video stammt aus der Konzeptionsphase von 'Indigenialität heute' und gewährt einen Einblick, wie die Weiterbildung entstanden ist.
Als der Jahreskurs noch sein Onlineformat hatte, wurden weitere Videos aufgezeichnet, die teilweise auf unserer Webseite veröffentlich sind: Videos & Podcasts

Vision…

…einer neuen Erdkultur
Siehe auch unsere Ausbildungen:
Natur- und Wildnispädagogik
Natur- und Wildnispädagogik II
Natur- und Wildnispädagogik III