
Übergangsrituale
mit Jugendlichen
Tina Reitz ist Ausbildungsleiterin für Natur- und Wildnispädagogik in der Naturschule Wildniswandern. Außerdem wirkt sie als Sozialpädagogin in der Tübinger Jugendhilfe und hat dort Übergangsrituale in ihre Tätigkeit integriert.
Übergangsrituale dienen dazu, die äußeren Veränderungen im Leben durch eine innere Transformation zu begleiten. Sie helfen uns Menschen, Lebensübergänge mit unserem ganzen Wesen zu vollziehen und sinnvoll werden zu lassen. Diese Herausforderung müssen wir auch beim wohl wichtigsten Übergang meistern: dem vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Tina Reitz spricht über das Bedürfnis von heranwachsenden Menschen, sich selbst zu finden, die ureigenen Begabungen zu entfalten und mit ihnen gesehen zu werden. Sie beleuchtet die halsbrecherischen Versuche der Selbstinitiation, wenn die Unterstützung von Älteren ausbleibt und beschreibt, wie ein begleiteter Übergang gestaltet werden kann.
Als Gestaltungsprinzip beziehen sich die beiden Gesprächspartner auf die Struktur der Heldengeschichte, wie Joseph Campbell sie in seinem Werk 'Der Heros in tausend Gestalten' herausgearbeitet hat. Denn die Heldengeschichte ist ein Modell für Krise und Reifung, für persönliche Verwandlung. Der Held zeigt uns, wie wir vorgehen müssen, um einen Lebensübergang zu vollziehen. Drei Phasen sind dabei zu durchlaufen: Ablösung, Initiation und Wiedereingliederung. Dieser Dramaturgie folgend, erläutert Tina Reitz die konkrete Umsetzung in einem fünftägigen Übergangsritual für Jugendliche, dem sogenannten 'Walk Away'.
Bei indigenen Völkern wurden Lebensübergänge in der Gemeinschaft gefeiert, damit die Initiation von den Nächsten bezeugt wird. Auch heutige Übergangsrituale sollten die Familie einbeziehen und mit Jugendlichen dort stattfinden, wo sie gerade ihre Lebensschwerpunkt haben, etwa in der Jugendhilfe oder in der Schule. Abschließend tauschen sich die Gesprächspartner über die Hürden und Chancen aus, die es bei einer Integration von Übergangsritualen in westliche Gesellschaften gibt.